02/06

From Karl Polanyi
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KPI Description

Title Draft Manuscript, (unpublished) – Fragment – N. t., 1920-1922
Author Polanyi, Karl
Description File consists of a fragment of an unpublished hand-written draft manuscript in German by Karl Polanyi. 5p. Included is a transcript typed in the 1980’s. (See files: 01/53, 02/01, 02/02, 02/03, 02/04, 02/05, 02/07 to 02/09).
URI http://hdl.handle.net/10694/76
Date 2010-08-04

Table of Contents

Name Archive KP
M T
Unser kleine Schrift entspringt aus folgender Gesinnung… 01 06 -
…Menschen, wie sie zuleben haben und handelten auch nach diesem ihrem Wissen… 02 07 -
…Krieg und Revolution sind große Übel… 03 08-09 -
Es entspringt der verworrenen Lebensanschauung der Kommunisten 04 10 -
Gewiss geht der Wunsch der… 05 11-12 -

Fragments


Deutscher Text zum Nachlesen

Unser kleine Schrift entspringt aus folgender Gesinnung

[6] Unser kleine Schrift entspringt aus folgender Gesinnung:

Solange zwischen den innersten Überzeugungen der Menschen über Gut und Böse und zwischen ihrem wirklichen Leben ein so großer Zwiespalt besteht, wie es heute der Fall ist, vermag die Menschheit nicht zu leben. Denn man muss wissen, wie man zu leben hat um leben zu können. Dass die Einzelnen es heute nicht wissen, ist es, was das viele Unglück verursacht, die Weltkriege, Weltrevolutionen, Tod und Untergang. Es gibt kein Gewaltmittel und keinen Kunstgriff, mittels welcher man den Selbstnord der Menschheit verhindern könnte: man muss ihr die Ursache zum Sterben nehmen, indem man ihr die Ursache zum Leben aufzeigt.

Die Erkenntnis dieses Zwiespaltes ist heute “links” vielleicht größer als “rechts”. Man kann aber gewiss nicht behaupten, dass das Bestreben diesen Zwiespalt abzuschaffen hier auch grösser wäre als dort. Ist doch dieses Bestreben hier wie dort so gut wie garnicht vorhanden. Diejenigen auf der Linken die die Ideale klarer sehen, als die anderen dort und dennoch bei demselben Tun verbleiten wie diese anderen, sind noch zwiespältiger in ihrem Verhalten als jene anderen, die ihre Ideale haben verlassen lassen. Dies ist die Ursache, warum wir, die wir den Grund des Übels von heute grade in dem Zwiespalt zwischen innersten Überzeugt und eigenem Tun sehen, wenig Gutes von dem Wirken der s. g. Kommunisten erwarten. Sind noch die meisten ihrer Führer Idealisten, ihr...

…Menschen, wie sie zuleben haben und handelten auch nach diesem ihrem Wissen…

[7] Menschen, wie sie zuleben haben und handelten auch nach diesem ihrem Wissen, so wäre der Zwiespalt zwischen eigenem Fühlen und eigenem Tun, aufgehoben. Nur weil die Menschen, ohne ihr Leben ändern zu müssen dennoch in einem anderen gesellschaftlichen Umkreis leben möchten, haben sie sich die Frage ausgedacht, wie dies möglich wäre? Diese Frage nennen sie die soziale. Sie wollen selbst nicht besser werden und dennoch unter besseren Menschen leben. Wir werden sehen, dass grad diese Auffassung, so praktisch sie gerichtet erscheint, am wenigsten praktische Erfolge erzielen kann. Denn obwohl die Behebung jener Leiden allein, die die “soziale Frage” begreift, die Menschheit nicht glücklich machen kann, so ist dennoch das, was hier zu tun ist, viel sicherer und besser von denen zu tun, die damit nicht alles getan zu haben glauben, als von denen, die wähnen die Menschheit auf diesem Wege erlösen zu können. Diese letzteren hoffen, dass wenn man auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet nur recht “radikal” vorginge, so möchte sich dieses Gebiet als ein entscheidendes für das ganze menschliche Leben erweisen, übersehen hierbei aber, dass die von vorneherein ausgeschlossen ist, denn die wirtschaftlichen und politischen Leiden der Menschen sind nur ein Teil der Leiden der Menschen überhaupt. Diesen Teil zu beheben…

…Krieg und Revolution sind große Übel…

[8] …Krieg und Revolution sind große Übel…… verwüsten, zwingen und beherrschen, - grausamste… Gewalttätigkeit, das ist es, was diese Worte enthalten… Es ist fürchterlich, dass die Menschen zeitweise für Kriege und Revolutionen, als ideale Güter, zu gewinnen sind. Nur ein verzweifeltes Gemüt gibt das ganz Böse für das ganz Gute auf. Diese Illusionen, sie sind für unsere Generation, durch ihre Verwirklichung vernichtet worden. So verhasst aber Krieg und Revolution auch geworden sind, (auch letztere nur dort, wo man sie erlebt und kennengelernt hat), so nichtssagend wäre es, die Ablehnung von Krieg und Revolution zum Inhalt des sozialen Verhaltens erheben zu wollen. Im Grunde wissen wir so wenig, wie und warum Kriege und Revolutionen entstehen, wie wenig der Einzelne für sich imstande ist einen Krieg oder eine Revolution zu machen. Je näher man dem Ausbruch von Krieg und Revolutionen gestanden hat, umsomehr weiß man es, dass es Ereignisse sind, die keiner macht, sondern alle erleiden. Die Parteien und Gruppen durch gegenseitigen Druck, die Führer und Massen ein und derselben Partei durch wechselseitige Beeinflussung, deren niemand Herr ist. Wir müssen es uns abgewöhnen, sie als menschliche Werke zu betrachten: Sie sind es nicht. So unerlaubt es ist sie anzustreben, so wenig darf man sich von ihnen schrecken lassen. In Wirklichkeit hat sich noch nie entscheiden lassen, ob es die s. g. revolutionären oder die s. g. reaktionären Kräfte waren, die ein Revolution verschuldet haben. Dies zu entscheiden liegt uns Menschen nicht ob, denn es gibt garkeine Art und Weise dies zu entscheiden. Es genüge uns, dass man das Schlechte nie wollen darf, das Gute hingegen auch dann, wenn man uns nachher das Schlechte, das noch in der Welt verbleibt oder in sie neu hereingekommen ist, auch als Folge unseres Handelns hingestellt werden kann. Die Romantik des Wortes “Revolutionär”, ist schaal und [9] nichtig, man lasse sich aber durch diese Ablehnung nicht in die Romantik des Nicht-tuns abtreiben.

Es entspringt der verworrenen Lebensanschauung der Kommunisten

[10] Es entspringt der verworrenen Lebensanschauung der Kommunisten dass sie white space die die Wirtschaft auf die Liebe gründen wollen. Denn entweder ist die Wirtschaft wirklich der Kernpunkt des Menschheitslebens, – dann kann die Liebe nicht ihr Lebens white space sein, sondern kann ist es der Eigennutz, - oder es ist die Wirtschaft, nicht der Kern unseres Daseins, dann ist seine Gründung aus der Wirtschaft heraus nicht zu bewirken. Das höchste sittliche Prinzip das der Eigennutz anzuerkennen vermag, ist die Gerechtigkeit. Wo sich das ganze des Lebens auf die Liebe gründet, dort hat die Ökonomie aufgehört. Wo aber Ökonomie besteht, dort muss sie sich auf Gerechtigkeit gründen.

Es ist darum ein freiheitlicher, genossenschaftlicher und Gildensozialismus den wir als die Lösung der sozialen Frage anstreben. Um dem Einwand, es gebe diesen Zustand garnicht, zu begegnen, wollen wir ihn in seinen allgemeinsten Zügen schildern, obwohl dies von anderen an anderem orte schon geschehen ist:
Angenommen der Zusammenschluss der Wirtschaftsstände dehne sich dergestalt aus, dass zum Schlusse nur mehr zwei Einheiten am Markte verbleiben würden: der Vertreter sämtlicher Konsumgenossenschaften und der Vertreter sämtlicher Produktionsgenossenschaften (landwirtschaftlicher Genossenschaften und Gewerkschaftsgilden): es wäre dann jeder……

Gewiss geht der Wunsch der…

[11] 3) Gewiss geht der Wunsch der …… auch dahin, vernünftig zu wirtschaften, d. h. …… es möglich ist, planvoll und ökonomisch zu wirtschaften, statt es planlos und unökonomisch zu tun. Die Hauptursachen aus denen heraus der Mensch arbeitet sind aber nicht Plan und Ökonomie. Der Druck der Bedürfnisse und die Freude an der Leistung, sind die Quellen aus denen die Arbeit fließt: weder Plan noch Ökonomie sind vorneherein stets möglich und gewiss keine Vorbedingungen der Arbeit. Wo sie aber möglich sind, und ihnen keine anderen, wichtigeren Wünsche und Neigungen entgegenstehen, deren werden sie gewünscht und angestrebt. Viel nächtiger melden sie sich noch dort, wo die Instinkte der Arbeit: Sammel-, Jagd-, Spiel-, Pflanz- und Verschönerungstrieb, die künstlerischen und schöpferischen Impulse, erloschen sind, oder ihnen der Boden entzogen worden ist. Dort wird sich die Vernünftigkeit die planhene Ökonomie, als die Richtschnur für alle Arbeitsmühe, melden und durchsetzen wollen. Die Vernünftigkeit meldet sich hier als ein kümmerlicher Ersatztrieb, der aber notwendig geboren wird, wo das Bessere abgestorben ist. In der heutigen Industrie, wo nichts von den natürlichen Beweggründen der sich selbst befriedigenden Mühe, verlieben ist, -dort regt sich die Vernunft der Planhaftigkeit selbstverständlich und unmittelbar. Arbeit, die nichts als Plage ist, soll auf ein Mindestmaass beschränkt werden: so lautet diese Forderung, die weniger eine Neubegründung der Arbeitsmoral, als eine Ablehnung der Arbeit selbst ist. Hier quillt diese Forderung aus den Lebensverhältnissen der Arbeitenden selbst hervor und wird aus diesen gespeist. So natürlich daher für anundfürsich unnatürliche Arbeiten die Forderung nach Planhaftigkeit, d. h. nach Unterordnung der [12] Arbeitsbedingungen unter das einzige Prinzip der Mindestmühe, ist, so unnatürliche wäre sie für alle jene menschlichen Betätigungen, die ihren Sinn und Plan in sich tragen. Wollte man z. B., um ihre Ökonomie zu steigern künstlerische und……

See also