02/01

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Deutscher Text zum Nachlesen

KPI Description

Title Draft Manuscript, (unpublished) – N. t. – Part. 2, 1920-1922
Author Polanyi, Karl
Description File consists of an unpublished hand-written draft manuscript in German by Karl Polanyi, pp. 37-137, and a transcript typed in the 1980’s, pp. 30-80. Pages 46, 54 and 66 of the typed transcript are missing. The second part of the manuscript contains an unpublished hand-written draft manuscript in German by Karl Polanyi, pp. 106-137; 3-8, and a transcript typed in the 1980’s, pp. 81-109, this part includes chapters titled "Die neue Gesellschaftslehre", "Vorrede" and "Die doppelte Moral". (See files: 1-53, 2-2 to 2-9).
URI http://hdl.handle.net/10694/71
Date 2010-08-04

Table of Contents

Name Archive KP
M T 1 2 3 4 5 6
Mit Recht beruft sich die Soziologie darauf, dass auch die Verbande… 001-006 071-111 037-041 XVI-XVIII
007-014 071-111 042-049
015-059 071-111 050-105 (03)-(57)
Sein und Denken 060-070 112-120 095-105 (48)-(51)
121-122 106-107 (58)-(59)
123 XVIII
Die Neue Gesellschaftslehre 124-137 163-183 108-121 1-14
138-151 122-135 1-15
Vorrede 152-155 184-185 136-137 01-02
Die doppelte Moral 156-161 186-190 03-08

Fragments

Mit Recht beruft sich die Soziologie darauf…

[XVI/37][1] Mit Recht beruft sich die Soziologie darauf, dass auch die Verbandende Menschen con seinem Willen in vielen Beziehungen unabhängig sind. Die wichtigsten Verbände sind in ihrer bestimmten Form …


Deutscher Text zum Tippen

[…]

Die Psychologie des Menschen wird hierbei sozusagen auf den Kopf gestellt. Aber nicht mehr im Hegel'schen Sinne: nämlich auf unseren eignen Kopf eingestellt, sondern einfach umgekehrt, verdreht und gewendet. Unsere Wünsche sind nicht mehr die unseren, sondern die der dialektischen Vernunft, da diese wiederum keine Wunsche hegen kann, sind es white space keine Wunsche überhaupt, sondern im Gegenteil Notwendigkeiten. Ideale und jegliches derartige sind blosse Ideologien, d.h. der Widerschein der materiellen Wirklichkeit. Wer sich für sie begeistert ist ein Narr und die Revolution ist nicht Sache der Herzens, [82/35] sondern der Wissenschaft. Die Wissenschaft wiederum ist Ideologie, denn die Wahrheit ist nur eine Entwickelungsphase. Alle Unterscheidungen heben sich selbst auf: die Menschheit ist Alles, aber die wirkliche Mehreit wird von der wahren Minderheit vertreten. Die Wirtschaft ist das, was die Menschheit beherrscht, man kann sie nur aufheben, man kann sie nur aufheben indem man eine neue einführt. Die Wirtschaft wird zwar alle wirtschaftlichen Fragen lösen, aber selbst keine Wirtschaft mehr sein. Die Menschen sollen sich endlich selbst verwalten und alle Verwaltung, die über sie herrscht, abschaffen. Zu diesem Zweck sollen sie eine Verwaltung schaffen, die diktatorisch ist. Denn diese Diktatur ist keine, da sie nur den Zweck hat, sich selbst abzuschaffen u.s.f. Die wenigen Geister die gegenüber diesen schwindelerregenden Verwandlungskunststücken talmudischer verkleidet in den Masken deutscher Metaphysik, noch ihr seelisches Gleichgewicht bewahrt haben werden im Stillen auf die irgendeiner asiatischen Synode hingewiesen, deren Konzil die Katholizität der Veranstaltung mit white space ausgesprochen habe. Die Politik wird zur esoterischen Lehre, die white space

Man white space ins white space Dunkel. Immer unfassbarer wird ihm seine Welt, immer ferner ist er davon entrückt, die soziale Frage als einen Teil seines eigenen Lebens zubegreifen.

Das erwachte Gewissen der Menschheit spricht heute aus den grossen Geistesströmungen der Zeit. Weltfrieden und Sozialismus heissen heute die Forderungen nach höherer Freiheit, tiefer Gleichheit white space Einheit aller lebenden Seelen.

[83/36]


[88/41] Gott ist tot, die Wissenschaft sein Erbe. […]

So hatte sich die menschliche Seele in dem Labyrinth der Theologie verirrt. Das suchende Gewissen wurde umgarnt, dass es erlähmte, verkümmerte und fast erstarb. Die Sünden der Dogmen sind nicht die Sünden der Seele. Der Gläubige gibt sich der Religion hin, aber white space wird nur white space durch seinen Glauben. Die wahre Unruhe ist nicht beschwichtigt, dumpf und allgemein quält sie von wissen, eingebildete neue kommt hinzu und peinigt mit zugespitzten unverständlichen Fragen. Zu den alten ungelösten Rätseln treten die neuen unlösbaren. Zurück führt aber kein Weg. Das Wort Gottes white space -erdarf nicht hinzu. Die heilige Schrift ist verbotene Schrift. Entwurzelt flattert die Seele. Ermattet wird sie im Treibhaus geborgen, wo sie ihr verkümmertes Dasein fristet. Es kommt aber die Zeit, wo die Seele neue Wurzeln treibt, die Qualen des Lebens in sich wieder findet und mit mächtigen Armen den Bau sprengt, der sie gefangen gehalten.

Die Soziologie hat die Macht des Menschen gebrochen, wie die Theologie die Macht des Gewissens. Sie hat ihn eine unwirkliche Wirklichkeit versetzt, gegen die er machtlos ist, weil sie unter der Voraussetzung ihrer Notwendigkeit und Gesetzmässigkeit entstanden ist. Statt der Herrschaft über die Zukunft, die sie verheissen, ist nur die Ohnmacht gegenüber der Gegenwart zu Teil geworden.

Die Soziologie deutet die Leiden der Menschen und nach dieser Deutung hat sie nur zu leiden. Der Mensch hat unter der Ungleichheit seiner Leiden, mit den Leiden anderer, zu leiden, so will es die soziale Frage. Er leidet aber unter seinem ganzen Leid, -und das wird ihm verboten. Denn seine ganzes Leid verbindet ihn mit allen anderen Menschen, der Überschuss an Leid trennt ihn von ihnen. Nur white space soll er leiden; das andere ist nicht fällig. Der erwachte Mensch will geistige Gemeinschaft mit allem Gedachten, er sehnt sich nach der Wirklichkeit des Geistigen, und nach den Pflichten dieser Wirklichkeit. Auch die Sehnsucht wird ihm umgedeutet und entstellt: dann das Geistige ist nur Schein und Ideologie, ihre Güter sind Rechte die ihm zukommen, nicht Pflichten, die er auf sich zu nehmen hat. Seinen tiefsten Wunsch, den Wunsch nach Freiheit, hat er aus dem Innersten zu bannen, denn die Wissenschaft hat den Teufel in ihm entdeckt. Statt dessen lehrt ihn die Soziologie für Dinge zu kämpfen die weder er, noch irgendeiner versteht, sondern die die Entwicklung von uns fordert, um von nachher wieder abgeschafft zu werden. Wo es keinen Kapitalismus gibt müssen wir ihn aufbauen, um ihn abzutragen, wo es keine Diktatur gibt, haben wir sie zu errichten, um sie zu überwinden. Für diese bedingten Ideale lernt er unbedingt einzutreten, sich für Dinge opfern, die geopfert werden sollen. Er lernt es, sich für den eigenen Eigennutz zu begeistern und die eigene Gewalt zu verherrlichen, sich auf Krafte zu stutzen, die er in sich nicht verspürt, und allmählich die tiefe Wahrheit zu begreifen, dass das was un dieser Welt geschieht nicht von seinen Schmerzen, Wünschen, Hoffnungen und persönlichen Kräften abhängt, sondern von höheren Machten, mit denen er nur durch Vermittelung der Wissenschaft verbunden ist. Nach und nach vergisst er an sein Ursprüngliches Selbst, an seine white space Sehnsüchte und Ideale.

… Personlichkeit

Sein und Denken

[2][95/48] Die Wissenschaft hat die soziale Wirklichkeit entdeckt und damit einen Teil des Menschlichen zum Sein erhoben, einen anderen Teil, bewusst, zum blossen Denken herabgedrückt. Seit dem es diese Wissenschaft gibt, es darum auch die Frage, ob das Sein das Bewusstsein, oder das Bewusstsein das Sein bestimme. Bekanntlich hat sie Marx kategorisch mit dem Satze beantwortet, auf dem die materialistische Geschichtsauffassung Sein, sondern das Gesellschaftliche Sein ihr Bewusstsein bestimme. Seither erschöpft sich die soziologische Literatur zum guten Teil in der Stellungnahme für den einen, den anderen oder einen vermittelnden Standpunkt.

Wir haben diese soziale Wirklichkeit aus den Voraussetzungen der Soziologie abgeleitet. Sie ist ein künstliches Gebilde, deren Wirklichkeit primitiven Animismus, Aberglauben und Willkür entstpringt.

Ein ökonomisches, ein politisches und ein geistiges Beispiel wollen wir anführen, um die gestellte Alternative zu veranschaulichen.

Entweder ist die kapitalistische Konkurrenzwirtschaft die Folge der neuaufgekommen Anschauungen, oder diese Anschauungen sind die Folge jener ökonomischen Tatsachen, deren Name kapitalistische Konkurrenzwirtschaft ist.

Entweder ist Ideologien: Selbst ist der Mann, jeder seines eigenen Glückes Schmied, Kampf ums Dasein, freie Bahn dem Tüchtigen, white space überleben very large white space Übermensch, diese neuen white space und Idenvorstellungen haben die white space und die freie Konkurrenz geschaffen, -oder aber es war die Eröffnung neuer Verkehrswege, neuer Absatzgebiete und Verkehrmöglichkeiten, die Dampfmaschine und andere wirtschaftliche Tatsachen welche in der Richtung des freien Privatgentums, des Verkehrs, Produktion und white space Freiheit, des freien Lohnvertrags und des selbständigen Unternehmertums drängten, -die white space Schlagwörter, als ihren Eindruck, in die Welt gebracht haben.

Der Unterschied zwischen Individuellem und Allgemeinen, Relativem und Absolutem, subjektiver und objektiver Geltung, -ist keine anderer als der der Art der Verantwortung, die wir selbst mit ihr verbunden haben. Selbst die Anschauungen des Staates sind nur subjektive Meinungen, wenn er sie nicht mehr zu verantworten vermag. Die einsame Stellungnahme des Jesus von Nazareth beharrt gegenüber tausenden Millionen von Menschen noch heute, und Stunde für Stunde mehr, auf ihrer unerschütterlichen objektiven Geltung. Die Verantwortung mit …

Die Neue Gesellschaftslehre

[163/82] [3]Rousseau hat das erstemal den Satz ausgesprochen, dass es in der Gesellschaft keinen Willen gibt, ausser dem Willen der Individuen die sie ausmachen. Die Folge dieses Satzes war die Idees der Demokratie und -in Bezug auf den Staat-, die Idee der Volkssuvereinitat. Allgemeines, gleiches, geheimes und proportionales Wahlrecht, ist die Institution in der sich heute der Contrat Social verkorpert. Im modernen Staat st Rousseau's Idee zur Wirklichkeit geworden. Diese Wirklichkeit wird jedoch vom Individuum white nicht als der Ausdruck seiner Persönlichkeit anerkannt. Das ist die Tatsache der wir gegenüberstehen.

An diesem Punkte setzt white die neue Gesellschaftslehre ein. Ihre Ergebnisse sind von epochaler Tragweite. Sie lassen sich in folgende Hauptpunkte zusammenfassen:
1. …

Vorrede

[184/103/] der Lehre vom Lebensweg verstehen wir die sittliche Lehre vom Leben des Menschen…


Deutscher Text zum Tippen

Die doppelte Moral

[156/186/105][4]Viele die den wahren Lebensweg gehen, beschranken sich darauf ihn für sich, ihre Lieben und Freunde, in die Wirklichkeit umszusetzen, lehnen aber Anforderungen der sozialen Frage ab. Zu denen, die an der Politik teilnehmen, um um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sprechen sie also:
Ihr Politiker haltet gegenüber dem Staate und der Gesellschaft ein ganz anderes Verhalten für gut richtig, als Ihr es im Kreise Eurer Lieben und Freunde für richtig haltet. Eure Moral ist eine andere, wenn Ihr Euch selbst, oder den wenigen, die Ihr kennt und liebt, gegenübersteht, als wenn Ihr Euch den vielen Unbekannten zuwendet, denen Ihr helfen wollt. Für Euch die Eurigen glaubt Ihr an die Werte der Liebe, an das Glück durch die Besserung des eigenen Lebens, an die Gleichheit aller Menschen, an die Macht des guten Beispiels und der Lehre an die Freiheit der Selbstbestimmung, -geht es aber um die Vielen so glaubt Ihr an all das nicht mehr, erkläret es sogar für falsch und verwerflich und setzt Euer ganzes Vertrauen auf Gewalt, Zwang und Mistrauen der einen gegen die anderen. Derselbe unter Euch, der seine Lieben vor Leid und Qual nach Kräften schirmt, und wo ihm das nicht möglich ist, dem Unheil wenigstens bestimmte Grenzen zu setzen trachtet, derselbe führt, in der Politik Kriege und Revolutionen und häuft damit auf alle Leid und Qual, ohne Grenzen. Gewiss würde keiner unter Euch auf Grund blosser Spekulationen und unbestimmter Prophezeiungen Glück und Leben seiner Geliebten aufs Spiel setzen. Dennoch tut Ihr es aber in der Politik unbedenklich mit Euren Mitmenschen und fühlt Euch dabei dessen sicher, dass Eure Experimente nicht nur gerechtfertigte, sonder sogar notwendige sind. Die Wahrheiten, die für wenige Menschen gelten, gelten in Euren Augen für viele Menschen nicht mehr. Ihr handelt nicht folgerichtig, denn Ihr befolget eine doppelte Moral.

In gutem Glauben antworten hierauf die Politiker, wie folgt: Unser idealer Zweck ist die Beeinflussung des gesammtwillens zum Wohl aller Menschen. Dieser Gesammtwille ist in Staat und Gesellschaft verkörpert. Der Staat ist aber in letzter Linie auf Gewalt, die Gesellschaft auf Eigennutz aufgebaut. Eben weil der Staat auf Gewalt beruht wollen die Machthaber die Gewalt in ihren Händen behalten, die Sozialisten die Gewalt erorbern, die Anarchisten sie aber mit Gewalt abschaffen. Wenn der Bekenner des Lebensweges die Politik ablehnt, so ist es, weil er diese Anschauung teilt. Gewiss, wo Gewalt und Eigennutz herrschen, dort kann der Weg der Liebe une der Lehre keine Gültigkeit haben, denn wer Staat und Gesellschaft zum Wohl aller gestalten will, hat sich notwendig auf dieselben Kräfte zu stützen, die sie ausmachen. Es handeln auch die unfolgerichtig die zwar die Liebe zu den Menschen zur Grundlagen ihres eigenen Lebens machen für die Leiden derselben Menschen aber, wie sie sich im Staat und Gesellschaft vereinigt haben, nur Gleichgültigkeit und den Trost sich ins unvermeidliche zu schicken, übrig haben. Wer für sich und die wenigen die er liebt, die Pflicht auf für die vielen unbekannten anerkennen, die Staat und Gesellschaft ausmachen. Die Gleichgültigkeit für das Schicksal aller ist die Hauptursache für das Elend und die Unfreiheit aller. Wer diese Gleichgültigkeit durch die eigene vermehrt, ist mit sich selbst im Widerspruch, wenn er für sich und die Seinen die Anteilnahme an dem Schicksal der Menschheit predigt. Setzt er sich aber das Wohl der Menschheit zum Ziele und meidet dennoch die Politik, wo sich dieses Wohl entscheidet, so ist er entweder feige oder unaufrichtig und ist selbst die Verkörperung dessen, wessen er andere berichitgt: der doppelten Moral.

Der Politiker muss auf diese Weise urteilen, denn er kann von dem Glauben nicht loskommen, dass sich das Schicksal der Menschheit in der Politik entscheidet. In seinen Augen est darum jeder für das Schicksal der Menschheit gleichgültig, der sich um die Politik nicht bekümmert.

Der


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Editor's Notes

  1. KP original pagination.
  2. The manuscript version of this “chapter” begin in 02/01, 60 and in its typed version, Id., 112-120. This text has been already published in POLANYI 2005, 200-207. -- Santiago Pinault
  3. The manuscript version of this “chapter” begins in 02/01, 124 and in its typed version, Id., 163-183. -- Santiago Pinault
  4. The manuscript version of this “chapter” begins in page 156 and in its typed version, 186-190. -- Santiago Pinault

Text Informations

Reference:
KPA:

  • 01/53, 1-36 (36 hand-written p.), 37-66 (29 typed p., in German), 67-79 (13 hand-written p., translated in English)
  • 02/01, 1-70+121-161 (110 hand-written p.), 71-120+162-190 (77 hand-written p. in German), xxx (13 hand-written p., translated in English)

Recent Publications:

Lg Publication
EN Science and Morality
“Being and Thinking”, in POLANYI 2017, p. 287-292.
DE POLANYI 2005, p. 172-199 + POLANYI 2005, p. 200-207
FR Science et moralité

See also

Notes