Soziale Fragen der Rationalisierung: Difference between revisions

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'''Original Publication''': '' ''Der Österreichische Volkswirtschaft'', XX, n°42, {May/June} 1928, p. 1165-1167<br />
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Revision as of 15:43, 2 May 2017

The Text

Im Mittelpunkt des Kongresses der freien Gewerkschaften stand diesmal die Frage der Rationalisierung. Sowohl Otto Bauer, der in seinem Vortrag über die Wirtschaftsentwicklung Österreichs die Frage streifte, als auch der erheblich weiter rechts stehende Gewerkschafter Johann Schorsch, der sich damit ausführlich beschäftigte, kamen zu dem Ergebnis, daß die Rationalisierung der Erzeugung ein zwingender Zug der technischen Entwicklung sei und daß die Arbeiterschaft trotz der großen Opfer, die sie ihr auferlegt, sich ihr nicht entgegenstellen dürfe. Der Gewerkschaften gewillt und, die Rationalisierungsbestrebungen der Wirtschaft zu unterstützen, was bald darauf vom Präsidenten des Metallarbeiterverbandes, Domes, bei der gründenden Versammlung des Kuratoriums für Wirtschaftlichkeit neuerlich betont wurde.

Diese Erklärungen sind sehr erfreulich. Obwohl die Rationalisierung zwangsläufig kommen muß, könnte der Prozeß doch durch einen Widerstand der Gewerkschaften sehr zum Schaden der Wirtschaft verzögert werden. Die Einführung der neuzeitlichen Betriebsmethoden erfordert sogar eine weitgehende Mitwirkung der Arbeiterschaft, denn sie verträgt keine schweren inneren Reibungswiderstände.

Die rein wirtschaftlichen Fragen der Rationalisierung können von den Unternehmen allein nicht gelöst werden. Ebensowenig können die rien sozialen Fragen, die die Rationalisierung aufwirft, von den Gewerkschaften allein gelöst werden.

Dem Gewerkschaftskongreß verdankt man einige interessante Angaben über die Fortschritte der betriebswissenchaftlichen Neuordnung der Erzeugung in Österreich. So wurde zum Beispiel in einem chemischen Großbetrieb in der Steiermark die tägliche Arbeitsleistung je Arbeiter in einer Abteilung von 27.8 Kilogramm im Jahr 1922 auf 48.2 Kilogramm im Jahr 1927 gebracht. In einer anderen Abteilung ist sie von 31.000 Erzeugungseinheiten auf 68.000 gestiegen. Die Belegschaft konnte um 10 bis 15% abgebaut werden. Die durchschnittlichen Lohnkosten haben sich in der ersten Abteilung von 13.8 auf nur 16 S erhöht, in der zweiten Abteilung sind, sie je Erzeugungseinheit von 5.7 auf 5.3 S zurückgegangen. In einer Wiener Metallwarenfabrik, wurde die Zahl der Arbeiter, die 1913 1480 betrug, auf 357 vermindert, die Leistung ist dagegen von 3 auf 5.8 Millionen Stück wertvolle Massenware gestiegen. Das sind freilich nur vereinzelte Beispiele, die aber doch als Zeugnis gelten können, daß mit der Rationalisierung in Österreich ernstlich begonnen wurde.

Naturgemäß hat sich aber der Gewerkschaftskongreß in der Hauptsache mit den mit der Rationalisierung zusammenhängenden sozialen und einzelne Fragen in der Vordergrund rückte, die in der rationalisierten Wirtschaft nicht mehr die Bedeutung haben wie ehedem, läßt den Schluß zu, daß über die sozialen Auswirkungen der Rationalisierung noch große Unklarheiten herrschen.

Nach der alten Gewerkschaftsmethode sind die Hauptkampffragen, auf die man Politik und Taktik einstelle, die der Arbeitslöhne und der Arbeitszeit. Dem entspricht auch , daß man im Falle der Rationalisierung die Lohnfrage und neuestens auch die Frage der Arbeitszeit in den Vordergrund stellt. Ein früherer Gewerkschaftskongreß forderte für die durch die Rationalisierung aufgezwungene erhöhte Arbeitsleistung erhöhte Löhne, der letzte meldete nun die Forderung des Siebenstundentages an, weil bei dem angestrebten gesteigerten Arbeitstempo die achtstündige Arbeitszeit bereits für den Arbeiter unerträglich sei.

References

Reference:
Original Publication: Der Österreichische Volkswirtschaft, XX, n°42, {May/June} 1928, p. 1165-1167
KPA: 03/12, 71-73