Felix Schafer, Erste Erinnerungen (1964-1966)

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First 'Part'

First Letter: ??/??/1964


Deutscher Text zum Nachlesen

[2] Du wirst verstehen, dass was ich sage von persönlichen Erinnerungen an Euch alle durchwoben ist. Ihr beide habt einen entscheidenden Einfluss auf meine Entwicklung gehabt; Dass Karl mich einmal sein “silent model through life” genannt hat gehört zu den Großen Werten meines Lebens. Denn es war ja umgekehrt. Ihr wart und seid für mich ‚guiding model’ und da kann man persönliches nicht ausschalten. Dazu kommt, dass die Auswahl der Fragen mit denen man sich beschäftigt, nicht nur von äußeren Umständen sondern auch von der Persönlichkeit des Auswählenden abhängt. So ist ein volles Verstehen seiner Problemstellungen ohne Begreifen seiner Gefühls und Gedankenwelt unmöglich.

Du weißt vielleicht noch, dass wir uns im Jänner 1924 im Lokal der sozialistischen Studentvereinigung in der D’Orsaygasse also vor vierzig Jahren, kennen lernten. Ich war damals noch nicht 22 und unreif. Ich hatte unklare sozialistische Vorstellungen und sah, wie so viele andere, die demokratischen Einrichtungen, die Partei, mein gewohntes Leben, als unumstößlich an. Ich war zu dieser Zeit oft in der D’Orsaygasse. Das Studentenheim war ganz nahe der Wohnung meiner Eltern und abgesehen von meinem Interesse an sozialistischen Fragen hatte ich damals mehr Zeit. Denn ich war streikender Bankbeamter. Seipel versuchte zwischen uns und dem Bankverband zu vermitteln. Das war wahrscheinlich nicht eben sehr vorteilhaft für uns. Die Staatsgewalt war schon deutlich gegen die Partei gewendet; Die Polizei ging gegen eine Beamtendemonstration vor einer Bank in der Strauchgasse mit ungewohnter Schärfe vor. Doch war es damals noch so, dass Verhaftete sofort entlassen wurde, wenn ein genügend hoher Funktionär der Partei oder Gewerkschaften intervenierte. Während des Streiks las ich in der D’Orsaygrasse die Ankündigung von einem Seminar über Gildensozialismus. Das für das Seminar bestimmte Zimmer war im ersten Stock des schon recht baufälligen Gebäudes. Es lag über dem grossen Sall in dem Deutsch, mehr als ein Jahr später, einen Vortrag hielt (Mai 1925) und sagte: „Zum Bürgerkrieg sind wir zu schwach“. (Neun Jahre vor 1934). Nun damals stand der Faschismus noch nicht in so greifbarer Nähe als einige Jahr später. Ich war, wie manche andere sozialistische Studenten, durch Mises an der Universität zum Denken über Preisbildung unter Sozialismus angeregt worden. (Nan nannte das, wie du ja sich noch erinnern wirst, in den Zwanzigerjahren das Problem der Sozialistischem Wirtschaftsrechnung) Mises prophezeite den Untergang einer sozialistischen Wirtschaft mangels von Marktpreisen. Wie Du dir vorstellen kannst, wussten wir auf seine Argumente wenig Antwort, weil wir von der Sache [3] nichts verstanden, und daher die Gegenargumente nicht kannten. Auch war die Sowjetunion damals in einem Zustand furchtbarster Armut, was angesichts der Erschütterungen durch Revolution, Krieg und Bürgerkrieg kein Wunder war. Doch schien dieser Zustand Mises a priori Recht zu geben. Heute nach vierzig Jahren seine Stellung sehr schwach. Doch damals – seine „Gemeinwirtschaft“ war gerade erschienen – kam sie vielen von uns beunruhigend stark vor. So wie andere suchte auch ich nach einem sozialistischen Preisbildungsprozess und so ging ich mich Großem Interesse zum „Seminar“. Du warst am ersten Abend auch da und bist mir unglaublich jung vorgekommen. Ich hielt Dich für noch nicht zwanzig. Erst waren wir zehn oder mehr, sind aber bald auf vier zusammengeschmolzen. (Alsegg, Bock, Kien – der Name ist vielleicht falsch geschrieben – und ich). Bock arbeitete damals an seiner Dissertation über sozialistische Wirtschaftsrechnung. Karl gab ihm viel von seinem Wissen und von seiner Zeit, wofür Bock sehr dankbar war. In der Studentenvereinigung stand Bock für das was damals „Opposition“ nannte d.h. für ein „Höheres Niveau“ wie er es ausdrückte. Daneben gab seine Eleganz in der D’Orsaygasse manchmal zu Bemerkungen Anlass. „Ich weiß man sagt, dass ich der Eleganteste in der D’Orsaygasse bin und wirft mir das war“ meinte er einmal „Aber sie wissen, dass das nur daher kommt, weil ich auf meine Anzüge so acht gebe. In Wirklichkeit bin ich ein armer Bursch. „In der Tat als ich einmal an Südbahnhof anlässlich eines Ausfluges auf die Rax, den er führte, auf ihn wartete, konnte ich ihn im ersten Augenblick nicht erkennen, weil er in dem abgetragenen Touristenanzug ganz anders als sonst aussah. Im überigen hat er im spanischen Bürgerkrieg und auch bei anderen Gelegenheiten gezeigt, dass er mehr konnte, als sich elegant anzuziehen. Solltest Du noch in Kontakt mit ihm sein, bitte lass ihn herzlich von uns Grüßen. Er wird sich vielleicht noch an uns erinnern.

Second Letter: 14 December 1964

Third Letter: 23 April 1965

Second 'Part' / Fourth Letter: 15 February 1966

Third 'Part'

Fifth Letter : 10 June 1966

Sixth Letter: 25 July 1966


Deutscher Text zum Tippen

Seventh Letter: 12 October 1966

Text Informations

KPA: 29/09

Editor's Notes