Die Wissenschaft von der Zukunft (Comparison)

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[1/31/3/-][1] Unter den Kommunisten es viele, die ihrem Ermessen nach das Idealbild des Tolstoyaners und der Politiker in sich vereinigen. Das erstere beruht allerdings auf Selbsttäuschung, das letztere ist aber umso wahrer. denn von allen Politikern sind die Kommunisten die wahrsten Kinder ihrer Zeit. Ihr tun und treiben, ihre Meinungen und Anschauungen müssen wir nur betrachten, um die Grundlagen der Politik, wie sie ist, kennen zu lernen. Immer klaarer wird uns hierbei das Wirken einer neuen Macht entgegentreten, ihre enge Verflochtenheit mit den Ansichten die über die Politik herrschen sowie ihr inniger Anteil en der gesammten heutigen Welt, der diese Anschauungen entspringen.
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Der Kommunist der den Widerspruch der doppelte Moral für die höhere Sphere Ethik anerkennt, lehnt ihn für das Gebiet des praktischen Handelns ab. Die Vorstellungen und Überzeugungen auf die er sich hierbei stützt, sind tief in der Weltanschauung der heutigen Menschheit verankert.
[4/31/4/-] Es[2] handelt sich also um kein zwiefaches ethisches Maas, sondern um zwei getrennte Gebiete, deren jedes ihre eigene Richtschnur fürs Handeln hat: die Ethik für das persönliche und die Wissenschaft für das politische Leben. Staat und Gesellschaft der Menschen sind nicht so zu betrachten, wie jeder Mensch für sich. Es herrschen in ihrer Entwicklung und in ihrer Wirkungsweise Gesetzte, die ganz andere sind, als jene die das Leben des Einzelnen ausmachen. Wir haben diese Gesetzte zu erkennen [5/31/5/-] und unser Handeln nach ihnen einzurichten. Es genügt darum wenn wir in der Politik unsere Endziele mit der Ethik in Übereinstimmung bringen; die Mittel und Wege, die wir anzuwenden haben schreibst uns die Wissenschaft vor und ihre Anweisungen haben wir nicht mit weltlichen Maasstaben zu messen. So hat uns die moderne Soziologie mit unzweifelhafter Schlüssigkeit das Gesetz des Klassenkampfes, die dialektische Entwickelung in der Geschichte, den notwendigen Zusammenbruch des kapitalistischen Systems, die notwendige Selbstwehr der Kapitalisten, die dadurch notwendig erfolgende Diktatur des Proletariates, d.h. der Ausübung von Gewalt und white space als den Mitteln der politischen Herrschaft, die darauf notwendig folgende Umwandlung der freien Marktwirtschaft in eine kommunistische Verteilungswirtschaft und eine Reihe anderer Notwendigkeiten aufgezeigt. Es mögen zwar diese gesetzmässigen white space mit Leid und Qual, mit Gewalt und Zwang verbunden sein, es liegt aber in unserer Macht ihren Lauf zu verhindern und wollten wir uns auch der notwendigen Entwickelung entgegenstemmen, so könnte die Summe des Leidens für die Gesammtheit white space nur vergrössert, keinesfalls aber vermindert werden. Auch der Operateur schaut nicht space auf die Leiden der Patienten: es muss ihm genügen, wenn er einen guten Zweck mit den Mitteln verfolgt, die ihm seine Wissenschaft vorschreibt.
[6/33/5a/-] Dieser Zusammenhang wird noch klaarer, wenn wir die Gefahren betrachten, denen wir uns aussetzen, wenn wir bei diesem Handeln verharren. Wie immer wir nun die wissenschaftliche Politik als die Zweiteilung der wissenschaftlichen Praxis in ein persönliches, sittliches und gesellschaftliches Handeln auch begründen mag, die Grösse und Gefahren, die aus ihr für die Menschheit erwachsen, sind deutlich zu erkennen: der heutige Zustand der Menschheit zeigt dies klaar genug an. Denn die Ratschläge die jene angebliche Wissenschaft, auf die sich diese Praxis bezieht, zur Heilung unserer Leiden gibt, ist offenkunding in diesem Falle mit einer ungeheuren white space all unserer Leiden verbunden. Es soll die vollkommene Auflösung der Gesellschaft mit allen Mitteln betrieben und dann mittels der Gewalt und des white space eine neue Gesellschaft nach den Vorschriften der Wissenschaft aufgebaut werden. Dass hierdurch die Leiden und Qualen aller auf unabsehbare Zeit in unabsehbarem Maasse gesteigert werden müssen, gilt als selbstverständlich, aber auch als nebensächlich. Die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit, dass diesem ganzen Vorgang ein wissenschaftlicher Irrtum zu Grunde liegen könnte, wird hierbei grundsätzlich ausser acht gelassen. Grösser noch als Gefahr dass die Menschheit die argsten seelischen und leiblichen Qualen ganz umsonst zu erleiden haben müsste, ist das Unheil das das sittliche Leben aller bedroht. Jene Scheidung der persönlichen Sittlichkeit von der sozialen Sittlichkeit, die die Führer der Bolschewisten für sich durchführen, ist für die grossen Massen undurchführbar. Die feine Trennung die zwischen dem, was für mich und die white space wahr ist white space, was für alle anderen Menschen space sein soll, vermag large white space
Es white space ihnen darum die Führer white space, dass die sittlichen Wahrheiten die einzigen sind die für unser Leben unbedingt wahr sind verkünden allenthalben die white space Wissenschaft als die einzige Richtschnur des Handelns. Ihre Propaganda für die Wissenchaften white space wird zu einer stillschweigenden Propaganda gegen die Geltung sittlicher Wahrheiten überhaupt. Diese werden entweder übergangen, oder als kleinbürgerliche Ideologie oder white space verhöhnt. Obwohl dies gegen die bessere Überzeugung derer geschieht, die so handeln, so hat es dennoch die Folge dass viele Menschen, und am ehesten grade jene, die ihnen Gefolgschaft leisten, ihnen zeitweilig wirklich Glauben schenken und seine sittlichen Wahrheiten mehr anerkennen. Dass mit solchen Menschen wenig oder garnichts zu white space ist, am allerdingstens aber ein sozialer Staat freiwillig Zusammenarbeitender zu errichten ist, -hierhin liegt die weitere Gefahr. Denn auch das Gute, das trotz aller Irrtumer der Wissenchaft aus einer idealen Bewegung hervorgehen könnte, wenn sie nur die sittlichen Kräfte des Menschen an sich white space muss notwendig ausbleiben.
[8/34/7?/-] Die doppelte Moral, die hinter der wissenschaftlichen Politik steht, sie rächt sich an denen, die sie ableugnen.
Ebenso verderblich muss aber die folgerichtige Unaufrichtigkeit nämlich auf jene zurückwirken, die sich ihrer schuldig machen: wer darüber, was er für das wahrste hält, auch dann schweigt, wenn er von dem Wichtigsten zu sprechen vorgibt, wer den Erfolg seiner Tätigkeit von der Unterlassung einer wesentlichen Wahrheit erhofft und der infolge all dieser Widersprüche an sich selbst irre werden muss, der vermag auf die Dauer auch selbst nicht mehr an die sittlichen Wahrheiten voll zu glauben. Der unaufhörliche white space zwischen privater Sittlichkeit und dem täglich white space Handeln muss ihm schliesslich das eigene Leben qualvoll und sinnlos gesthalten und im Innersten zerstören.
Diese Wahrheit sind so einfache und offenkundig, dass sie garnicht übersehen werden können, wenn die Vernunft nicht gewaltsam an ihrer Tätigkeit verhindert wäre. Wissenschaft ist aber gewiss auch eine Tätigkeit verhindert wäre. Wissenschaft ist aber gewiss auch eine Tätigkeit der menschlichen Vernunft. Wie ist es nun möglich, dass sich grade diejenigen die sich in der Praxis immerfort auf die Wissenschaft berufen, so sehr an dem Gebrauch ihrer Vernunft behindert werden? Kann die Wissenschaft wirklich eine so paradoxe Wirkung zur Folge haben?
[8/35/8/208] Nicht die Wissenschaft selbst, aber ihre Autorität unter den Menschheit… [Published in Polanyi 2005]
[10/35/8a/208]
[11/35/9/209] Übergeben wir nun …
[11/37/9/210] Dieser Begriff der Zukunft musste die weittragenden Folgen haben. …
[10/38/210] … So enstand die unabweisliche Forderung nach einer Wissenschaft über die menschliche Zukunft.

…eine neue Wissenschaft, die Wissenschaft über die menschliche Zukunft.

[10/38/-] Nun war es ihr gelungen mit den Mitteln der Wissenschaft diese Zukunft zu erforschen, und dadurch über sie soweit Macht zu gewinnen, als es die Erkenntnis zu bieten vermag. Die Schaffung der neuen Soziologie und der neuen Wirtschaftslehre als der Wissenschaften über die menschliche Zukunft war die Krönung des Werkes, den die wissenschaftliche Weltanschauung unternommen hatte und machte ihre Stellung unangreifbar.
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[11/38/11/211] Entwicklungstendenzen und Naturgesetzlichen jeglicher Art, wurden von allen Seiten und Enden der Erkenntnis zusammengetragen. Der Kampf… … in hellem Lichte.
[11/38/-] Die unwandelbaren Gesetzte, die die Entstehung des Menschen und seiner Gesellschaft beherrschen, sie bestimmen auch ihre Zukunft -so lehrte die neue Wissenschaft. Kampf ums Dasein, Anpassung und gegenseitige Hülfe sind ihre Triebfedern. Dieselbe, sowie einige andere allgemeine und besondere Entwickelungsgesetzte, bestimmen ihren Gang.[3]
Arbeitsteilung und Arbeits white space sind die Formen in denen sie sich äussern. Aus ihnen entsprangen Staat und Wirtschaft. Die Art und Weise wie die Gesellschaft wirtschaftet bestimmt über ihren Gesammtzustand. Die Entwickelung der Wirtschaft white space mit Naturnotwendigkeit in der Richtung immer wachsender Vollkommenheit hin. Wir haben es zu lernen den Gang der Geschichte als den Gang dieser Entwickelung anzusehen. Kriege und Revolutionen, Not, Elend und Untergang von Völkern, Staaten, Kirchen und Klassen, sie sind nur Etappen auf diesem Wege. Wir vermögen die Gesetze die über uns herrschen, ebensowenig zu ändern, wie die die in der übrigen Natur walten. Wir vermögen sie aber zu erbessern und white space zu begreifen, um so unser Verhalten den Absichten anzupassen, die die Entwickelung dieser einzig unwandelbaren Vorsehung, mit uns vor hat.
Soziologie und Wirtschaftslehre heissen die gefeierten Wissenschaften, die uns die Wege der Zukunft erschlossen haben. Durch die Autorität der Wissenschaften, zu einem Glauben an eine wissenschaftliche Weltanschauung verleitet, geniessen die Afterwissenschaften, die sich als zweites Stockwerk auf diese Weltanschauung aufbauen, white space ebenfalls eine unbegrenzte Autorität. Ihre Geltung ist in der Gegenwart in den Augen der Gebildeten fast unbeschränkt. Und hier ist es wo die wissenschaftliche Weltanschauung uns von selbst zum praktischen Handeln und damit zum Problem der doppelten Moral zurückführt. Denn die praktische Anwendung der Wissenschaften in der Zukunft auf die Gegenwart und ihre Probleme ist nichts anderes als die wissenschaftliche Politik auf die sich die Kommunisten berufen.
[?/39/13/-] Und dennoch: diese Soziologie und diese Wirtschaftslehre ist es, auf die wir vertrauen, wenn wir uns von den Gesetzen der Sittlichkeit zu Gunsten der wissenschaftlichen Politik losslagen. Ob Gewalt und Verbrechen, Krieg, Mord wirklich notwendig sind, -darüber auf Grund dieser Wissenschaften.
Aber white space nicht nur, sondern handeln auch danach. Auch der Kühnste muss bei diesem Gedanken erschaudern.
Das ist der politische Zustand der Menschheit von heute. Und nur wenige Stimmen erheben sich um die Güter gegen den ungeheurlichen Aberglauben zu warnen das dem Treiben der wissenschaftlichen Politik zu Grunde liegt.

Notes

  1. Pages : Manuscrit/Transcription/Polanyi pagination (hand-written)/Polanyi 2005.
  2. Margin p. 5: Nicht um eine doppelte Moral handelt es sich: sondern um die Ethik und ihre Gesetze einerseits, um die Wissenschaft und ihre Gesetze anderseits. Zwischen persönlicher Sittlichkeit und wissenschaftlicher Politik kann nie ein Widerspruch herrschen.
  3. [End of the first part of the text published in Polanyi 2005.]