An Michael (1933?)

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Deutscher Text zum Nachlesen

Donnerstag.

Lieber Bruder,

die beiden Mannheims und Szilard bemuehen sich um meine Angelegenheit; Sir Philip Hartog ist af einer Reise nach Palestina begriffen, sein Stellvertreter heisst Makower, ein Techniker und Ingenieur; de anderen Mitglieder des Kommitees sind Cahn (King's College, Cambridge) Ginsberg, vielleicht Gregory. Ernst Kahn hat auch Einfluss af die Sache. Mit ihm sprach Mannheim Julieka gestener meinte, es werde schwer sein darueber hnweg zu kommen, dass ich aus Wien komme, denn das Kommitee fuerchte Prezedenzfälle: zu viele Oesterreicher koennten sich nur allzu bald melden… Ich werde Ernst Kahn morgen persoenich sprechen. Er hat J.M gegenueber die Anregung gemacht, dass die Liverpooller die Angelengenheit gewisse massen an sich ziehen, indem sie weitere Mittel aufbringen als Zeichen ihres besondrn Interesses fuer diesen all: er glaube, dass London dann keinerelei Schwierigkeiten machen wuerde, selbst wenn es einen Teil des Geldes beiteurere. Das Tag fuer Tag fuer wechselnde Gesicht meiner Aussichten ist heute wieder freundlicher, denn all dies sieht nach einer ziemlich relativistischen Behandlung aus. Sollte Kahn diesen meinen Eindruck bestaetigen, so heabsichtige ich Prof. Ad. Loewe zu bitten, Mr. Bertram B. Benas in Liverpool eine entsprechende Anregung zu machen, ev. Macmurray zu bitten, Dr. Hetherington zu einem aehnoliche Schritt bei Benas zu veralnlssen. Waere es richtig von mir, wenn ich mich bereit erklaerte selbst materielle Opfer zu bringen, z.B. nich nut 350 Pf. St. zu frieden zu geben, so dass sich die Opfer gewissenagen unter allen Beteilzligten aufteilen wuerden? Ein solcher Schritt schiene mir ziemlich bedenkilich, keinesfall werde ich solches Vorschlagen, wenn es mir nicht sozusagen nahe gelegt wird. Abder diese meine Anregung kennzeichnter die Natur der Schwerigkeiten am besten: fuer mich kommt es eben heute vor allem auf die Berufungen nach Liverpool an.

Gestern habe ich Ridney Wood von Board of Education kennen gelernte, der mich nit Sir Walter Layton zusammen bringen will. Der oesterreichische Gesangte empfing mich mit groesster Freundlichkeit und war mir sehr nuetzlich; ich erheilt ueber seine Empfehlung die gewuenscht.

Adressen inseiemmt. Mein dreistuediges Gespraech mit V.A. Demant, dem wissenschaftlichen Berater des Christian Social Council, war recht erspreislich; ebensowie ein Referat am Dienstag vor dem Archbishop of York's Committee.(Anwesend waren Sir Wyndham Deeds vom National Council of Social Service), Macmurray, Zoe Fairfield, Eleonora Iredale, for the Archbishops Committee, and J.H. Oldham, former Secretary of the Continuation Committee of the International Review of Missions, Peter Scott, der Anfuehrer der Arbeitslosen-Siedlungen christlicher Art. Alles Linke verschiedener Schatzerung. Ich war der fast konservativste im Kreise…).

Macmurray erklaert nunmehr, dass er sich ueber meine Exist in einem Jahre keine Sorgen mache. Zoe sagte mir heute (das estemal), dass sie glaube, ich sollte in England bleiben, da die Probleme, mit denen ich mich besonders beschaeftige, hier hohe Akrualitauet haetten: Probleme der Arbeiter bewegung (nicht: Partei), Demokratie, Wirtschaft, Ethik. (Ist das von Gaistkell gesandte Buch angekommen? Bitte schickes es dringend an mich weiter.)

Nun eine andere Sache: In tiefste Diskretion bin ich heute von Julieska Mannheim darum er sucht worden, von dir eine eingehen sachliche, charakteorologische Zeichnung der Person Szilards zu bitten. Er wird viel angefeindet, Mannheims kennen ihn viel zu weining als dass sie mit Nachdruck und Wirkung die vielen scheinbaren Widerspueche seines Characters aufklaeren koentten. Ihr Wohlwollen S. gegenueber ist vollkommen. Aber sie verstehen ihn selbst nicht. Es ist ihnen nie gelungen, ein Gespraech mit ihmherbe beizu guehren. Angefeindet wird er zum Teil (oder zumeist), nur wegen Ausserlichkeiten, wegen seiner kurz angebundenen Art des Verkehrs, die sich auch “Persoenlichkeiten” gegenueber angelblich zum Schaden der Sache meldet. Gewuenscht ist nicht eine Empfehlung oder eine Vertrauenserklaerung sondern eine Aufklaerung. Keiner verseht seine Motive, seine Interessen, seine Einstellung. Seine Desinteressiertheit erweckt Mistrauen, niemand begreift sine “eigentlichen” Ziele, d.h. man bezweilet sie seine Uneigennutetzigtet ehrlich ist. Aufzuklaeren waeren also Zuege wie: seine Schroffheit bei sonstiger Weltkundigkeit, seine organisatorische Taetigkeit und Hinstanstellung eigener wissenso Ambition (nebenbei niemals haber geruft dass er als Wissenschaftler einen Rang besitzt Ganz verfehlt waere, wie gesagt, eine Panegyric, erforderlich ist eine Analyse und Aufloesung, gewiseramassen ein Schluessel zu seiner Persoenlichkeit und der Gesammterscheinung S. Maengel, Sogaar Fehler sollten lieber zugegeben und mit der Gesammtleistung in Beziehung gesetzt als geleugnet oder “wegerklaert” werden. Erswuencht weare diese als Freundesleistung gedachte Charakteristik in deutscher sprache und so bald als moeglich an Adresse: M. Karl Mannheim. 2 Turner's Drive, Golders Green, London N.W. 11.

Fuer meie Person halte ich S. fuer einen der selten Erscheinungen, die im hohen Masse positiv zu beurteilen sind, der an Wesesenszug darin besteht, dass sich ihre Qualitaeten in der gegenwaertigen Wirtschaftsordnung nur schwer einfuegen und verweten lassen. Er ist was er scheint: ein der Sache hin- und ergebener Idealist. Da sein Bewusstsein aber Materialistische, experimentativ, agnositisch ist, versteht er sich ebenso wening wie die Welt ihn versteht. Ich achte u. Schätze ihm.

Herzlich liebt Euch Euer.

Karl

Magda danke ich fuer ihre Gastfreundlichkeit vom Herzen. (Unabichlicy habe ich einen kleinen Briefpapier block verpackt, und nicht unabsichlich, sondern, weil es nicht anders moeglich war, habe ich eine Gespaech mit London gehabt 4/6 d.)

Briefinformationen

Quelle: MPP

SPr Name
EN To Michael
FR A Michael